Interview mit Andrea Garbe, Employee Suggestion Management (Europe)
Wie ein Kapitän auf der Brücke
Internationales Ideenmanagement bei der TAKATA-PETRI AG / Koblank Software im Einsatz
Die TAKATA-PETRI AG ist Teil eines 1933 gegründeten japanischen Konzerns, der führend ist bei Produktion und Vertrieb von Sicherheitsgurten, Airbags, Lenkrädern, Innenraumverkleidungen, Airbaggewebe und Kindersitzen. Andrea Garbe ist in Aschaffenburg für das Ideenmanagement zuständig.
Frau Garbe, können Sie uns ein paar Worte über Ihre Firma und Ihre Funktion sagen?
Andrea Garbe
TAKATA zählt zu den führenden Entwicklern und Herstellern integrierter Insassenschutz-Systeme. Als Teil der mit über 28.400 Mitarbeitern und einem Umsatz von 385 Mrd. Yen (2,7 Mrd. Euro) weltweit operierenden TAKATA Corp. in Tokyo ist TAKATA-PETRI für die europäischen Aktivitäten des Konzerns verantwortlich.
Ich bin fachlich verantwortlich für das Ideenmanagement von 15 Produktionswerken und Entwicklungsstandorten mit 10.000 Mitarbeitern in ganz Europa, beispielsweise auch in Polen, Tschechien und Rumänien sowie in Südafrika.
Seit wann gibt es bei Ihnen ein Vorschlagswesen und wie hat es sich seither entwickelt?
Das klassische Vorschlagswesen hat es wohl hier in Deutschland schon länger gegeben. Nachdem TAKATA im Jahr 2000 die Petri AG gekauft hat und die japanische Kaizen-Philosophie nach Europa gebracht wurde, war eine Neuausrichtung der Prozesse unausweichlich.
Der Vorstand von TAKATA-PETRI beschloss 2003, ein einheitliches Konzept auszuarbeiten und benannte mich zur Unternehmensbeauftragten des Ideenmanagements. Das Konzept beinhaltete einen einheitlichen Workflow, Betriebsvereinbarung und Software. Kaizen und BVW wurden zu TIM (Takata Ideen Management).
Wie führten Sie dieses neue TIM ein?
Wir starteten in einem Werk mit einem Pilotprojekt und rollten das System nach erfolgreichem Test über alle übrigen Standorte aus. Der Erfolg blieb nicht aus, rund 8000 Vorschläge werden von unseren Koordinatoren jährlich bearbeitet. Mit dem Produktionswerk für Airbags in Aschaffenburg belegten wir 2009 in der dib-Umfrage den 1. Platz in drei Kategorien.
TAKATA - Die Zukunft beginnt jetzt
Gibt es bei Ihnen Besonderheiten, die Ihr Ideenmanagement von dem anderer Firmen unterscheidet?
Wir haben kein klassisches Modell. Unsere Koordinatoren sind die Vertrauenspersonen in den einzelnen Bereichen. Alle Ideen werden gleich behandelt, egal aus welcher Quelle sie stammen.
Läuft das Ideenmanagement bei Ihnen in allen Ländern nach demselben Schema ab?
Es gibt ein einheitliches Konzept mit Workflow und entsprechender Softwareunterstützung. Natürlich werden die nationalen Besonderheiten wie Lohnniveau und Mentalität beachtet. Durch die Standardisierung der Prozesse ist eine hohe Transparenz entstanden, sodass Ideen auch übergreifend genutzt werden können.
Wie steuern Sie Ihr internationales Ideenmanagement von Aschaffenburg aus?
Man muss sich das so vorstellen, wie ein Kapitän auf der Brücke. Die zentrale Navigation der Software wird ausschließlich durch mich durchgeführt. Ich bin mit allen Standortkoordinatoren ständig in Kontakt, das ist durch moderne Medien möglich. Natürlich ist es notwendig, auch den persönlichen Kontakt zu pflegen und die Koordinatoren zu motivieren.
In welchen Rollen beteiligen sich Ihre Mitarbeiter am Vorschlagswesen und wie viele sind das?
Wir haben an jedem Standort einen verantwortlichen Ideenmanager, der auch mein Ansprechpartner ist. Dazu kommen noch Koordinatoren in den einzelnen Fachabteilungen. Unser System ist absolut dezentralisiert, sodass der Prozess sehr schlank und effizient ist.
Ideen einreichen können alle Mitarbeiter - egal in welcher Hierarchie sie sich befinden. Wir fördern besonders Gruppenideen.
Als Automobilzulieferer werden Sie sicherlich die Folgen der Wirtschaftskrise spüren. Wie wirkt sich diese auf die Verbesserungsvorschläge aus?
Um ehrlich zu sein: gar nicht. Das Niveau ist gleichbleibend gut und die Annahmequote eher gestiegen. Auch bei der Mitarbeiterbeteiligung geht es ständig bergauf.
ideeNet Startseite bei TAKATA. Bild vergrößern.
Sie setzen bereits seit dem Jahr 2000 die Koblank Ideenmanagement Software ein. Welche Erfahrungen haben Sie seither damit gemacht?
Angefangen haben wir mit ideeCenter und waren aber eines der ersten Unternehmen, die ideeNet im Intranet eingesetzt haben. Die Prozesse einfach, transparent und papierlos abzuwickeln ist Teil der Firmenphilosophie.
Hat die Firma Koblank speziell für Sie kundenspezifische Anpassungen programmiert?
Die Software ist mit unseren Ansprüchen mitgewachsen, auch durch viele Anregungen von uns. Die größte Anpassung war wohl das Übersetzungstool für beliebige Sprachen wie z.B. Tschechisch oder Rumänisch. Wir sind da jetzt sehr flexibel und können noch mehr Mitarbeiter erreichen.
Was schätzen Sie besonders an dieser Software?
Dass man vieles selber machen kann, z.B. durch HTML, JavaScript oder das Übersetzungstool. Die Software läuft über unseren SQL Server in allen Ländern problemlos seit fast zehn Jahren.
Wie haben Sie Ihre Mitarbeiter für das neue Ideenmanagement geschult?
Jeder Mitarbeiter ist im Laufe der Zeit informiert worden: per E-Mail, Flyer und Info auf der Startseite der Software. Neue Mitarbeiter werden beim Eintritt in die Firma geschult. Koordinatoren und Gutachter werden direkt in einem Workshop geschult.
Sie haben immer wieder Workshops besucht, die Koblank seinen Kunden anbietet. Welche Vorteile bringt Ihnen ein solcher Workshop?
Da ich verantwortlich für einen großen Kreis von Ideenmanagern und Koordinatoren bin, muss ich mein dort erlangtes Wissen weitertragen um immer auf dem Laufenden zu sein. Wichtig ist mir auch, Kontakte zu anderen Unternehmen zu knüpfen. Ich konnte im Laufe der Zeit viel für mich und meine Arbeit mitnehmen und viele Anregungen umsetzen.
Wie würden Sie zusammenfassen, was Sie in den letzten Jahren erreicht haben?
Die wichtigsten Punkte sind wohl:
- Jedem, der es möchte, ist es möglich, sich am Ideenmanagement zu beteiligen.
- Wir haben ein einfaches Medium, um europaweit Ideen einzusammeln.
- Wir können alle Mitarbeiter erreichen.
- Wir haben einen Prozess, der mit geringem Aufwand in allen Standorten zu implementieren ist.
- Dezentralisierung des Prozesses in den einzelnen Werken.
- Schulung und Information aller Mitarbeiter.
- Controlling der Ergebnisse.
- Darstellung und Visualisierung der Erfolge.
Seit 2018 firmiert Takata als Joyson Safety Systems
Aschaffenburg GmbH
Vielen Dank für dieses Interview.
Das Interview führte Wolfgang Hereth von der EUREKA Akademie.