BayWa AG mit über 1000 Standorten

Betriebliches Vorschlagswesen im Handel

Über 1 Million € Nutzen im ersten Jahr / Schnelle Bearbeitung / Koblank Software im Einsatz

Betrachtet man die jährliche dib-Statistik, sucht man den Handel vergeblich. Ist die Branche nicht für ein institutionalisiertes Ideenmanagement geeignet? Oder probiert es einfach nur keiner? Der folgende Beitrag stellt ein vielversprechendes Beispiel für die Umsetzung eines Ideenmanagements im Handel vor.


  
VON ARIANE RIEDNER UND CHRISTINE PIELMEIER

Die BayWa AG hat das Betriebliche Vorschlagswesen - nach ersten Ansätzen gegen Ende der neunziger Jahre - 2002 mit einem umfassenden Relaunch auf eine professionelle Basis gestellt. Wie das in einem international tätigen Handels- und Dienstleistungsunternehmen aussieht? Hier die Eckpunkte:

Die Basis:

"Unsere Mitarbeiter als Erfolgbasis" - dieser Satz aus den Unternehmensleitlinien der BayWa liegt dem Betrieblichen Vorschlagswesen zugrunde. Wissen und Engagement aller Mitarbeiter sollen dazu beitragen, die betrieblichen Leistungen und Arbeitsbedingungen weiter zu verbessern.

Das System:

Die klassischen Säulen des BayWa-Systems sind

  • ein zentral verankertes BVW-Team,
    welches das Betriebliche Vorschlagswesen von A - Z betreut, von der konzeptionellen Weiterentwicklung über das interne und externe Marketing bis hin zur operativen Bearbeitung der eingereichten Vorschläge.
  • offiziell berufene Gutachter
    in allen Sparten und Zentralfunktionen, die die eingehenden Vorschläge entweder selbst beurteilen oder umgehend an die richtige Stelle im jeweiligen Bereich weiterleiten.
  • eine eingespielte Kommission,
    die einmal im Monat alle Vorschläge auf Basis der vorliegenden Gutachten sowie des eigenen Fachwissens bewertet und ggf. prämiert.
  • ein durchgängiges Bewertungssystem,
    das jede Ablehnung bzw. jede Prämienzahlung transparent und nachvollziehbar macht. Und Prämien bis 50.000 € ermöglicht!
  • eine professionelle IT-Lösung,
    die alle operativen Schritte des BVW-Prozesses von der Vorschlagseinreichung bis zum Umsetzungscontrolling optimal unterstützt.

  

An dieser Stelle mag man sich die Frage stellen "Warum kein dezentraler Weg?". Die einfache Antwort: Weil er nicht funktioniert hat. Tatsächlich hat die BayWa 2002 mit einem dualen System aus zentralem und dezentralem Weg für Vorschlagseinreichung und -bewertung begonnen. Doch trotz intensiver Informations- und Marketingmaßnahmen wurde dieser Prozess kaum genutzt. Warum nicht? Eine Frage, die sich nicht abschließend beantworten lässt. Hier spielt die über Sparten organisierte BayWa-Struktur mit über 1.000 Standorten sicherlich ebenso eine Rolle wie die eher traditionell geprägte BayWa-Kultur. Wie auch immer, der dezentrale Weg wurde zwischenzeitlich auch offiziell eingestellt. Und es sind keine negativen Auswirkungen auf den Erfolg des BVW festzustellen.

Apropos Erfolg. Was bringt das Betriebliche Vorschlagswesen der BayWa?

Ansprechpartnerin:

Ariane Riedner,
Change Management BayWa AG
Organisationsentwicklung
Arabellastraße 4, 81925 München
Telefon: (089) 92 22 - 39 26
E-Mail ariane.riedner@baywa.de

Christine Pielmeier,
Innovationsmanagement BayWa AG
Arabellastraße 4, 81925 München
Telefon: (089) 92 22 - 39 27
E-Mail: christine.pielmeier@baywa.de

Zum einen darf natürlich die kulturelle Wirkung des Instruments im Sinne von Einbindung der Mitarbeiter nicht unterschätzt werden. Zum anderen kann man sich aber auch über wirtschaftlich messbare Erfolge freuen: Stand heute kann der Nutzen (wirtschaftlich messbar und kalkulatorisch) von Vorschlägen im ersten Jahr der Einführung mit über 1 Mio. € beziffert werden. Ein Wert, der sich vielleicht nicht mit produzierenden Unternehmen vergleichen lässt, aber durchaus einen Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg der BayWa leistet. Und der sich noch steigern lassen dürfte ...

Damit zu den Herausforderungen des Betrieblichen Vorschlagswesens (nicht nur) in der BayWa: Da geht es zum einen um die Beteiligungsquote. Wie können Mitarbeiter motiviert werden, sich aktiv am Ideenmanagement zu beteiligen?

Probates Mittel für kurzfristige Schubkraft sind Sonderaktionen, die jeden Einreicher mit einem kleinen "Dankeschön-Präsent" für die Einreichung eines Vorschlags belohnen. Zur mittel- bis langfristigen Steigerung der Beteiligungsquote setzt die BayWa jedoch auf kontinuierliche Nutzenvermittlung und laufende Gewinnung interner Paten und Sponsoren, die das Thema z.B. durch konkrete Hilfe bei der Vorschlagsformulierung oder regelmäßige Mitarbeiterinformation unterstützen.

Herausforderung Nr. 2 besteht in der Steigerung der Vorschlagsqualität

Kurzportrait BayWa

Die BayWa ist ein international tätiger Handels- und Dienstleistungskonzern mit den Kerngeschäften Agrar, Bau und Energie. Die über 16.000 Mitarbeiter des S-Dax-ünternehmens erwirtschafteten im Jahr 2007 ca. 7,2 Mrd. € Umsatz in Deutschland, Österreich und Osteuropa. Die BayWa AG (12.000 Mitarbeiter) als Stammhaus hat über 1.000 Standorte, vorwiegend in Bayern, Württemberg, Thüringen, Sachsen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Es gibt unterschiedlichste Standortgrößen und -formen - vom Getreideerfassungsstandort bis hin zum Baustoff-Kompetenzzentrum.

und dem damit einhergehenden Nutzen. Denn vom durchschnittlichen Vorschlagsnutzen produzierender Branchen kann die BayWa derzeit leider nur träumen.

Paten und Sponsoren sollen auch in dieser Hinsicht Positives bewirken - durch Kommunikation beispielhafter Erfolgsgeschichten, Vorgabe "sinnvoller" Themenfelder, strukturierter Ideengenerierung im Team etc.

Last, but not least die schnelle Bearbeitung und Einführung angenommener Vorschläge.

Traditionell wurden Kommissionsergebnis und Einreicherbescheid als Abschluss des BVW-Prozesses betrachtet. Die Verwirklichung der Idee in der Praxis sah man eher als "Sahnehäubchen oben drauf. Dieser Irrtum ist zwischenzeitlich jedoch erkannt: Mittlerweile weiß man, dass die schnelle und sichtbare Umsetzung angenommener Vorschläge ganz wesentlich zu Akzeptanz und "Nutzung" des BVWs beitragen. Die Implementierung eines umfassenden Controllings sowie eines internen Marketings waren die Folge dieser Erkenntnis - was erste positive Wirkungen zeigt.

Noch ein Wort zur IT-Lösung ...

Ziel der Softwareunterstützung im Ideenmanagement ist zum einen die Automatisierung der "Massentätigkeiten", um Freiräume für die individuelle Betreuung von Einreichern, Gutachtern und Führungskräften zu schaffen. Zum anderen muss das System Zahlen und Daten für Mahnwesen, Controlling und die gezielte Entwicklung von Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen zur Verfügung stellen. Darüber hinaus ist es natürlich potenzieller Lieferant für weiterführende Projekte im Sinne von KVP und Qualitätsmanagement.

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BayWa Intranet - BVW: Es kommt auf jeden an - Bild vergrößern

Die erste IT-Unterstützung des BVWs in der BayWa wurde im Rahmen des vorgenannten Relaunchs entwickelt - eine einfache, lokale Access-Datenbank für die operative Abwicklung der Verbesserungsvorschläge.

Mit steigendem Vorschlagsvolumen stieß die Lösung allerdings schnell an ihre Grenzen: Die Systemstabilität ließ zu wünschen übrig, ein gleichzeitiger Zugriff mehrerer Ideenkoordinatoren war nicht möglich, viele Funktionen - wie z.B. ein systemgestütztes Gutachtermahnwesen, fehlten.

Im nächsten Schritt wurde die bestehende Lösung von der internen IT-Abteilung auf eine SQL-Plattform migriert und die gewünschten Funktionen programmiert. Durch diese Maßnahme konnte bereits eine deutliche Automatisierung der operativen Prozesse erreicht werden. Jedoch war die "neue" BVW-Datenbank immer noch sehr starr - auch kleine Anpassungen mussten jeweils individuell programmiert werden, die E-Mail-Kommunikation mit Einreichern und Gutachtern wurde nicht unterstützt etc.

Mitte 2006 wurde dann der Startschuss zur Auswahl einer externen Standardsoftware gegeben, die eine weitergehende Prozessautomatisierung, die direkte Einbindung von Einreichern und Gutachtern sowie eine flexible Reaktion auf organisatorische Änderungen ermöglicht.

Seit 2007 ist nun die Koblank-Lösung (ideeOffice und ideeNet) im Einsatz, deren Einführung durch attraktive Flyer mit "Einreicher-Leitfaden" sowie persönliche Schulung der Gutachter begleitet wurde. Ein Aufwand, der sich gelohnt hat: Zwischenzeitlich werden rund 75 % der eingehenden Ideen vom Einreicher und knapp 90 % der Stellungnahmen vom Gutachter selbst im System erfasst! Tendenz steigend ...


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